CHRIS: Im März kam ein Film mit dir heraus. Erzähle uns etwas darüber.
LOU FERRIGNO: Es ist eine romantische Komödie mit dem Titel „I Love You, Man“. Ich spiele einen Unternehmer aus Beverly Hills, der sein Haus verkaufen will, also beauftrage ich diesen Kerl, von Paul Rudd gespielt, und dann geht es los. Das ist sozusagen ein Abstecher von meiner Dauerrolle in „King of Queens“. Hier kann ich endlich einmal eine Komödie machen, was mich besonders freut.
CHRIS: Du wirst immer mit der TV-Serie „Der unglaubliche Hulk“ verbunden. Vielleicht nehmen einige im Geschäft dich deshalb als Schauspieler nicht ernst?
LOU FERRIGNO: Genau. Deshalb ist diese Rolle so wichtig für mich.
CHRIS: Wie massiv warst du im Film? Musstst du für die Rolle abnehmen?
LOU FERRIGNO: Überhaupt nicht. Sie nahmen mich, wie ich ich heute da stehe, mit 125 Kilo.
CHRIS: Deine Gegner waren immer neidisch auf deine Genetik.
LOU FERRIGNO: Echt wirklich. Ich habe immer sehr hart trainiert. Ich kann es kaum ertragen, wenn jemand sagt: „Ich mache einen neuen Zyklus“.
Im Studio höre ich nur noch Zyklus – das harte Training Ich trainiere weiter intensiv und konsequent, halte mein Gewissen rein und Ernähre mich vernünftig. Vor allem aber, habe ich noch die gleiche Leidenschaft für Bodybuilding wie früher. Ich trainiere, als wenn ich morgen einen Wettkampf hätte.
CHRIS: Es muss toll sein In Golds Gym zu trainieren.
LOU FERRIGNO: Ich hätte als Jugendlicher alles für so einen Job gegeben. Als ich mit 17 oder 18 zum ersten Mal ins Studio ging, in den „R&J’s Health Club“ in Brooklyn, New York, war ich beeindruckt, alle Bodybuilder persönlich
zu sehen. Oft traf ich dort Pete Caputo und Jerry Brainum. Jerry ging nach Kalifornien, trainierte dort und erzählte mir anschließend, was in Kalifornien los war.
CHRIS: Angeblich sind die Kinder inzwischen stärker als der Vater.
LOU FERRIGNO: Brent ist im Drücken stärker als ich, und natürlich haben beide stärkere Beine. Louie ist 1,88 Meter groß und wiegt etwa 104 Kilo, Brent ist 1,83 Meter und hat etwa 100 Kilo. Brent ist wirklich massiv, er erinnert mich an Casey Viator. Er macht Kniebeugen mit über180 Kilo! Heute schlage ich sie nur noch beim Curlen und beim Rudern. Ich werde mir doch nicht mit 160 Kilo im Bankdrücken meine Schultern ruinieren! Ich kenne meine Grenzen. Man kann gar nicht genug darüber schreiben, dass man im Alter sein Trainingsprogramm ändern sollte. Ich erhole mich nicht mehr so schnell wie früher. Und natürlich schaffe ich , längst nicht mehr diese Gewichte. Täte ich das, käme ich mit zahlreichen Verletzungen ins Krankenhaus. Man muss viel mehr auf seinen Körper hören. Und man trainiert nicht mehr so viel.
CHRIS: Seit wann trainierst du mit deinen Söhnen zusammen?
LOU FERRIGNO: Seit etwa anderthalb Jahren. Sie sind beide etwas schüchtern, aber ich konnte sie schließlich überreden, zu Gold’s zu gehen, um sich an die Atmosphäre zu gewöhnen. Dort haben sie mehr Selbstvertrauen gewonnen.
CHRIS: Kurz vor deinem letzten Wettbewerb, dem Masters Mr. Olympia 1994, hattest du eine schwere Knieverletzung.
LOU FERRIGNO: Ja, ich habe mir eine Woche zuvor den Meniskus gerissen. Aber es gibt keine Ausreden. Man gibt sein Bestes, und hofft auf das Beste. Ich wurde Zweiter hinter Robby Robinson. Beim Mr. Olympia 1992 in Helsinki hatte ich mein Comeback nach 17 Jahren. Zwei weitere Jahre hartes Training forderten ihren Preis, und mich hatte es am Knie getroffen. Nach dem Wettkampf habe ich das schwere Training zurückgefahren. Ich trainiere immer noch intensiv, aber längst nicht mehr so schwer.
CHRIS: Du hast mit zwölf Jahren angefangen, Gewichte zu heben. Welchen Rat kannst du Sportlern aller Altersgruppen aus deinen 45 Jahren Erfahrung geben?
LOU FERRIGNO: Ich sehe, dass die meisten jede Körperpartie einmal pro Woche trainieren. Ich meine, sie sollten es zweimal pro Woche tun. Und sie absolvieren 20 Sätze, was einfach zu viel ist. Machen Sie pro Körperpartie maximal zehn oder zwölf. Nach etwa 72 Stunden sollten Sie die Partie erneut trainieren. Sie können auch die Übungen rotieren. Für mich sind drei Tage Training und ein Tag Pause am besten. Ich mache am ersten Tag Brust und Rücken, am zweiten Bizeps und Trizeps und am dritten die Beine. Das Schöne ist, dass Sie die Übungen jederzeit wechseln und interessant halten können. Auf das Volumen kommt es nicht an. Es zählt, wie Sie trainieren. Ich mache einen Aufwärmsatz, dann vier Sätze mit acht bis zehn Wiederholungen, drei Übungen pro Körperpartie. Das Workout sollte nie länger als eine Stunde dauern. Dazu können Sie ein paarmal in der Woche bis zu 30 Minuten Cardio machen. Eine Ausnahme kenne ich: Serge Nubret. Er absolviert 50 Sätze pro Körperpartie. Ich weiß das, denn ich habe vor „Pumping Iron“ mit ihm trainiert. Beim Beinstrecken sagte ich nach dem zwölften Satz: „Serge, ich bin fertig!“ Dieser Mann war eine Maschine, er ist einer meiner Lieblingssportler. Er hatte eine gute Form
und war meines Wissens nie verletzt – er trainierte intensiv, aber nicht zu schwer.
CHRIS: Wie viel Cardio machst du in der Regel?
LOU FERRIGNO: Wenn ich schnell trainiere und auf die Ernährung achte, brauche ich kein Cardio. Will ich abnehmen, mache ich 20 Minuten auf dem Ellipsentrainer oder dem Fahrradergometer.
CHRIS: Wie war deine Bodybuilding Anfänge. War es alles einfach?
LOU FERRIGNO: Leider nicht. Ich war dünn und musste kämpfen, um etwas zuzulegen. Mit 17 oder 18 hatte ich dünne Beine, meine Brust war auch nicht toll. Ich hatte aber muskulöse Arme. Aber selbst bei einer guten Genetik muss man die Einstellung haben, dass einen nichts aufhalten kann. Ich trainierte wie ein Irrer, um zu wachsen. Es gab Gelegenheiten zum Beispiel, als ein Mädchen mich nicht wollte da bin ich ins Studio gegangen und habe meine Frustrationen abtrainiert! So etwas wird Minderwertigkeit komplex genannt. Ich glaubte, stärker sein zu müssen, um sie zu beeindrucken.Wie bei Unglaubliche Hulk.
CHRIS: Welches sind deine Lieblingsübungen für die einzelnen Körperpartien?
LOU FERRIGNO: Für die Brust Kurzhantel drücken. Bei jeder Übung trainiere ich im Pyramiden System. Ein Satz zum Aufwärme dann vier Sätze mit acht bis Wiederholungen. Ich gehe bis 45 oder Kilo. Danach kommen Fliegende. Ich nehme 22, 27, 35 und dann 40 Kilo. Dann kommt Schrägbankdrücken mit der Langhantel. Ich mache die Fliegenden gern dazwischen, weil sich da der Bizeps erholt. Auf der Schrägbank nehme ich 85 bis 100 Kilo.
Für die Arme absolviere ich Kurzhantelcurls auf der Schrägbank, Langhantelcurls und dann Scott-Curls. Danach ist Trizeps dran. Ich mache zunächst Trizepsdrücken am Kabel, dann Trizepsstrecken zur Stirn im Liegen und schließlich Trizepsstrecken hinter den Kopf im Stehen.
An Tag 3 fange ich mit Schulterdrücken an, dann folgt Seitheben. Danach aufrechtes Rudern. Danach kommt ein leichtes Training. Ich mache keine Kniebeugen wie früher. Ich mache Beinstrecken, Beincurls und Kniebeugen an der Multipresse.
An der Multipresse gehe ich bis 100 Kilo, schwerere Gewichte sind sinnlos. Bei den Beinen absolviere ich mehr Wiederholungen, so 12 bis 15.
Wenn mir nach Bauchtraining ist, mache ich zwei oder drei Sätze Crunches. Sie müssen aber bedenken, dass ich nur eine Minute Pause zwischen den Sätzen habe und den Bauch in allen anderen Übungen trainiere.
Konsequenz und Intensität sind die Schlüssel zu erfolgreichen Workouts. Wenn ich unterwegs bin, versuche ich immer, ein Studio für ein kurzes Workout zu finden. Es ist immer besser, etwas zu tun als gar nichts.
CHRIS: Spürst du manchmal den Druck, zu zeigen, was du noch drauf hast?
LOU FERRIGNO: Ich muss mir nichts mehr beweisen. Ich bin klug genug, zu wissen, dass ich mich dabei verletzen würde. Ich kenne meine Grenzen. Jeder sollte so denken, besonders wenn man älter wird. Zu viele machen sich Sorgen, was sie im Bankdrücken, beim Kniebeugen oder Kreuzheben schaffen. Sie müssen wie ein Bodybuilder trainieren, alle Körperpartien gleichermaßen fordern und ihre Grenzen kennen. Wenn es Sie wirklich interessiert, wie viel Sie bei einer Wiederholung Bankdrücken schaffen, gehen Sie zu den Powerliftern.
CHRIS: Trainierst du noch Klienten in deinem Heimstudio?
LOU FERRIGNO: Ja. Nur ich und diese eine Person. Anders als bei Gold’s muss ich mir keine Gedanken machen, ob ich zu einer bestimmten Übung komme. Und es ist schwer, im Studio zu arbeiten, wenn man ständig angesprochen wird.
CHRIS: Was denkst du vom heutigen Bodybuilding im Vergleich zu früher?
LOU FERRIGNO: Die Symmetrie der früheren Tage ist fort, und die Kameradschaft auch. Die Topleute beim Mr. Olympia sind phänomenal, aber dort geht es mehr um Masse, Dichte und Definition. Dexter Jackson hat eine gute Symmetrie – schön anzusehen. Ich würde mich freuen, wenn der Sport zurück in die frühere Richtung ginge und mehr Wert auf das Posing legte.
Zu einem Champion gehört mehr als ein großartiger Körper, er muss auch eine Persönlichkeit haben. Als ich Joe Weider das erste Mal sah, sagte er: „Sie sollten nach Kalifornien kommen. Sie könnten ein Weider-Superstar werden. Ich habe nur drei Arnold, Franco und Frank Zane. Sie könnten der vierte sein.“
Diese Jungs sorgten auf der Bühne für Elektrizität. Sie hatten diesen Wow-Faktor, der heute fehlt, diese einzigartige Aura. Ich denke, dass die Leidenschaft nicht mehr dieselbe ist. Sie gehen ins Studio und sehen diese Typen mit Skimützen, schweren Sweatshirts und langen Hosen, sogar mitten im Sommer. Und einige beschäftigen sich mit ihren Handys, telefonieren oder schreiben SMS, statt sich auf die Workouts zu konzentrieren.
Damals hatten Arnold, Ken Waller, Dave Draper, Frank Zane … nichts weiter als T-Shirts und Shorts. Das war echt. Heute frage ich mich: „Was sehe ich da eigentlich?“
CHRIS: Welcher der heutigen Bodybuilder ragt deiner Meinung nach besonders heraus?
LOU FERRIGNO: Ich mag Ronnie Coleman. Er hat diesen Wow-Faktor.
CHRIS: Wer ist der größte Bodybuilder aller Zeiten?
LOU FERRIGNO: Ich würde sagen, Steve Reeves und dann Arnold. Dann ich, Sergio Oliva und Ronnie Coleman. Es gab so viele große Bodybuilder.Ich gehört dazu. Lee Haney und Dorian Yates waren fantastisch. Dann die Jungs wie Draper, Larry Scott und John Grimek, Casey Viator Harold Poole. Und ich habe Reg Park und Bill Pearl vergessen. Machen wir doch die Top 20!
CHRIS: Wenn du nicht mit 23 als Hulk zur Schauspielerei gewechselt hätten, wie massiv wärest du noch geworden?
LOU FERRIGNO: Ich denke, ich wäre wohl mit 158 Kilo angetreten. Arnold hätte wohl 120 oder 122 Kilo gehabt, wenn er mit dem Bodybuilding weitergemacht hätte. Sergio hätte irre 118 Kilo auf die Bühne gebracht.
CHRIS: Die meisten Fans kennen deine Geschichte nicht. Wie viele
Filme und Fernsehsendungen hast du gemacht?
LOU FERRIGNO: Ich habe in 27 Jahren 37 Spielfilme gemacht. Bei Hulk waren es 86 Folgen in fünf Jahren. Dann gab es „Trauma Center“. Ich habe etwa 20 Folgen von „King of Queens“ gedreht. Dazu habe ich beim „Wofld’s Strongest Man“ und bei „Superstars“ von ABC mitgemacht. Wie Arnold habe ich bewiesen, dass man Muskeln haben und Athlet sein kann … und trotzdem auf anderen Gebieten erfolgreich ist.
CHRIS: Was wohl nicht alle wissen: du bist Hilfssheriff in Los Angeles Country.
LOU FERRIGNO: Ich habe das ganze Programm gemacht und wurde vor drei Jahren offiziell zum Hilfssheriff ernannt. Mein Vater war Polizeibeamter, und mich hat das immer interessiert. Ich habe Sheriff Lee Baca davon berichtet, und er sagte: „Warum kommen Sie nicht zu uns?“. Ich habe mir sechs Monate Zeit für die Sheriff-Akademie genommen. Kein Ehrenamt, sondern richtig in Uniform. Ich habe gepaukt wie im College. Sie müssen alles über Durchsuchungen und Festnahmen wissen und die US-Verfassung kennen. Wenn Sie nicht richtig Auto fahren oder schießen könne fallen Sie durch. Wird Ihnen in die recht! Hand geschossen, müssen Sie mit links schießen können.
Sergio Oliva war Polizeibeamter in Chicago, Coleman hat viele Jahre in Texas als Polizist gearbeitet.
Am letzten Sonntag war ich im Wald Los Angeles. Eine Frau hatte einen schweren Motorradunfall. Ich musste den Verkehr regeln und half, sie zur Notaufnahme bringen. Ich mag diese Arbeit, denn hilft nicht nur, sondern ist eine echte Herausforderung. Ich arbeite auch oft der Bergrettung.
CHRIS: Ich fühle mich in deiner Gegend viel sicherer. Danke für das Interview.
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