Mike Mentzers Ansichten zu erzwungenen Wiederholungen.
Erzwungene und negative Wiederholungen können sehr vorteilhaft sein.
Mike Mentzer hatte mehr als 2000 Klienten trainiert und ebenso viele Trainingsberichte über sie geschrieben und archiviert.
Er gehörte zu den Ersten, die folgenden wichtigen Aspekt erkannt hatten:
- Wer zu intensiv trainiert, etwa mit einem zu hohen Pensum oder auch zu oft ins Studio geht, kann sich schnell übertrainieren. Und von einem solchen Übertraining kann sich der menschliche Körper einfach nicht innerhalb von sieben Tagen erholen.
Mit erzwungenen Wiederholungen wird ein Muskel über das positive Versagen hinaus trainiert. Das kann einerseits eine Methode sein, um bei einem Satz das Letzte aus der Faserrekrutierung herauszuholen. Andererseits kann sich eine solche Trainingsmethode auch negativ auswirken, wenn sie bei jedem Workout angewandt wird.
Das hängt damit zusammen, dass einige Fasern, wie zum Beispiel die FT-Fasern, eine sehr lange Erholungsphase benötigen, wenn sie erst einmal rekrutiert wurden. Bei Studien an Sprintern, bei denen fast ausschließlich die motorischen Einheiten der FT-Fasern aktiviert werden, hatte sich herausgestellt, dass die Erholungszeit dieser Fasern bis zu drei Wochen dauern kann!
MIKE MENTZER DIE GESCHICHTE
Als Mike Mentzer in den späten 1970er Jahren das erste Mal in der Bodybuildingszene auftauchte, kam er sofort wie ein brüllender Löwe angestürmt. Er gewann 1976 mühelos den Mr. America, und kurz darauf belegte er bei der IFBB-Weltmeisterschaft in Montreal den zweiten Platz, und zwar nur knapp hinter der Legende Robby Robinson, der zu dieser Zeit nahezu als unschlagbar galt.
Sogar alteingesessene Journalisten sahen sich gezwungen, Mikes rapiden Aufstieg als „fast übernatürlich“ zu beschreiben. Rick j Wayne, der im Bodybuilding schon alles 1 gesehen hatte, war beeindruckt: „Seine Trainingsmethoden weisen auf eine gewisse Willensstärke hin, denn er scheut sich nicht, alte Trainingskonzepte in Frage zu stellen, oder alte Mythen als falsch zu entlarven.
Wie ein Wissenschaftler entdeckt er neue Möglichkeiten, mit denen sich größere Fortschritte im Bodybuilding erzielen lassen.
Viele werden Mikes Ideen für völlig revolutionär halten, was sie aber nicht unbedingt sein müssen. Es ist nur so, dass viele Bodybuilder Angst davor haben, bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten zu gehen. Mike Mentzer dagegen kommt mit der Erforschung seiner äußersten Grenzen zum Erfolg.
Eine der Techniken, die Mike in dieser Phase seiner Wettkampfkarriere angewandt hatte, waren erzwungene Wiederholungen. Die meisten von uns haben bereits davon gehört und vielleicht sogar hin und wieder mit dieser Technik trainiert.
Mike hatte jedoch spezielle Gründe dafür, sie in sein Training zu integrieren. Und das auf eine ganz spezielle Art und Weise. Was jedoch für Mike funktionierte und ergiebig war, muss im Zusammenhang mit seiner überragenden genetischen Veranlagung betrachtet werden. Denn aufgrund seiner Genetik war es ihm möglich, mit größerer Intensität zu trainieren. Und dennoch konnte er sich innerhalb von drei bis sieben Tagen von seinen Workouts erholen. Der durchschnittlich veranlagte Bodybuilder wird sich wahrscheinlich nicht so leicht erholen.
TRAININGSTECHNIK
Wenn man im Rahmen der körperlich begrenzten Erholungskapazität so viele Muskelfasern wie möglich stimulieren will, kann das mit Hilfe von „fortgeschrittenen“ Heavy-Duty-Techniken geschehen.
Dazu gehören erzwungene und negative Wiederholungen, Hyper-Wiederholungen, die Rest-Pause-Methode und das statische Halten. Sie können je nach Laune mit diesen Techniken trainieren. Oder einfach auch nur dann, wenn Sie „spüren“, dass Ihr Körper danach verlangt.
Die Tatsache, dass Sie sich nach vier oder fünf Erholungstagen wieder frisch fühlen, bedeutet jedoch nur eines: dass die Post-Workout-Symptome Ihres letzten Trainings nachgelassen haben; aber nicht, dass der Erholungsprozess abgeschlossen ist oder dass die Überkompensation begonnen hat.
Sollten Sie nun Gebrauch von solch fortschrittlichen Techniken wie erzwungene Wiederholungen machen? Und wie genau funktionieren sie?
Lassen wir Mike selbst erzählen, wie er diese Technik angewandt hat:
„Ich denke, erzwungene Wiederholungen sollten nur gegen Ende von strikt durchgeführten Wiederholungen absolviert werden. Ein Trainingspartner hilft mir dabei, über das normale Versagen hinaus zu gehen. Sie können also erst möglichst viele stramme Wiederholungen absolvieren und dann mit Hilfe eines Trainingspartners weitermachen, der mit Ihrer Trainingsweise vertraut ist. Ihr Partner hilft Ihnen bei den letzten paar Wiederholungen, die Sie ansonsten nicht schaffen würden.“
Als Nächstes erklärt Mike, wie er normalerweise einen Arbeitssatz absolvieren würde, bevor er mit erzwungenen Wiederholungen weitermacht: „Ich mag es nicht, mehr als acht und weniger als fünf Wiederholungen zu absolvieren. Also trainiere ich hart genug, so dass ich vielleicht acht Wiederholungen herausquetschen kann, ohne Rückwärtsbewegung oder Abfälschen. Mein Trainingspartner hilft mir nur insofern mit seinen Händen, dass ich immer noch eine energische Positivbewegung absolvieren kann. Mein Partner macht es mir dadurch nicht leichter. Er ermöglicht mir nur, die Übung zum Abschluss zu bringen.“
Sie sehen ein, dass es ohne diese kleine Hilfe ansonsten unmöglich wäre, die Übung zu beenden. Wichtig ist, dass Ihr Trainingspartner genau weiß, was Sie erreichen wollen. Falls nicht, könnte er das Ganze vermasseln. Ich denke, die Hilfe eines guten Trainingspartners ist besser, als ähnliche Ergebnisse durch schludrige Technik erzielen zu wollen oder das Gewicht mit abgefälschten Wiederholungen hochzudrücken. Mit Hilfe des Partners lässt sich das Training effektiver abschließen. Außerdem ist es dadurch wesentlich sicherer. Wenn Sie abfälschen oder das Gewicht hochhieven, um eine Wiederholung zu beenden, ist es sehr schwierig, die Kontraktion zu steuern. Besonders dann, wenn Sie schwere Gewichte benutzen und die Bänder ruckartigen Bewegungen ausgesetzt sind. Auch das Bindegewebe wird dadurch stark strapaziert.
Einige behaupten, schwere Gewichte seien für den Muskelaufbau nicht nötig. Sie berufen sich dann auf Bodybuilder wie Arnold Schwarzenegger oder Robby Robinson, die mit moderaten Gewichten trainiert haben, um einen angemessenen „Pumpeffekt“ zu erzielen.
Mike sah das ein wenig anders: „Als Arnold in Europa den Grundstein für seine Karriere gelegt hatte, trainierte er sehr wohl mit schweren Gewichten. Soweit ich weiß, betrieb er sogar sehr viel Powerlifting. Er benutzte bei den meisten Übungen Gewichte, die er persönlich als schwer empfand. Als er nach Amerika kam, musste er noch das verfeinern, was er in Europa erreicht hatte. Also hielt er an seinen relativ „leichteren“ Trainingsgewichten fest. Auch Robby trainierte mit erzwungenen Wiederholungen und schweren Gewichten.“
Mike Mentzer wurde oft mit der Bodybuildinglegende Reg Park verglichen, der für seine starke und dichte Muskulatur berühmt war. Park war einer der ersten Bodybuilder, der bei seinen Workouts mit sehr schweren Gewichten trainiert hatte. Er absolvierte Wadenheben im Stehen normalerweise mit weit mehr als 450 Kilo. Mike konnte es nachvollziehen, wenn er mit Reg verglichen wurde.
Und er glaubte auch die Gründe zu verstehen, weshalb sein Körper, dem von Reg ähnlich war: „Ich würde sagen, die Ähnlichkeit beginnt damit, dass wir von unseren Eltern eine gewisse Knochenstruktur geerbt haben. Dennoch glaube ich, dass die starken und dichten Muskeln, die wir beide haben (vielleicht das Kennzeichen unserer Körper), daraus resultieren, dass wir beide hauptsächlich mit sehr schweren Gewichten und erzwungenen Wiederholungen trainiert haben.“
SCHWERES TRAINING
Wenn Mike sagt, dass er sehr schwere Trainingsgewichte benutzt hat, meinte er das wirklich ernst. Beim Schrägbankdrücken hat er für acht Wiederholungen in der Regel mit 140 Kilo trainiert. Und Fliegende auf der Schrägbank absolvierte er mit 55 Kilo Kurzhanteln.
Über die Trainingsgewichte in der Vorbereitung für den Mr. America schrieb Mike:
- Beinpresse – 545 Kilo x 5 Wh
- Schrägbankdrücken – 150 Kilo x 3 Wh
- Kniebeugen – 255 Kilo x 5 Wh
- Nackendrücken – 135 Kilo x 5 Wh
- Bankdrücken – 210 Kilo x 5 Wh
- Schrägbankdrücken – 175 Kilo x 5 Wh
- Kreuzheben – 270 Kilo x 5 Wh
Mit all diesen Gewichten absolvierte er stets mehrere Wiederholungen, keine Einzelwiederholungen! Offenbar sind also schwere Gewichte das Kennzeichen seiner Trainings Einheiten. Ich erinnere mich, dass ich Mike im alten „Gold’s Gym“ in Venice, Kalifornien, beim Training zusah. Er benutzte bei der alten Nautilus-Multistation für die Brust den ganzen Gewichtsstapel der Butterflymaschine. Dann steckte er noch weitere 20 Kilo auf den Stapel, um beim Bankdrücken auf der Negativbank der Maschine ein paar weitere Wiederholungen herauszuquetschen. Außerdem gab es da noch den alten Nautilus-Beinstrecker, der eine wirklich große Platen hat. Daran absolvierte Mike einbeiniges Beinstrecken – mit 100 Kilo für acht Wiederholungen. Und für die Scott Curls benutzte er eine 80 Kilo schweren Langhantel.
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HEAVY DUTY ERZWUNGENE WIEDERHOLUNGEN
Wenn höhere Anstrengung nicht mehr möglich ist. Sie können aber die Intensität noch dadurch verstärken, indem Sie sich von Ihrem Trainingspartner helfen lassen, zwei oder drei erzwungene Wiederholungen zu absolvieren.
In den meisten Fällen ist es am besten, dasselbe Gewicht auf der Stange zu lassen. Ihr Partner sollte Ihnen dann nur gerade mal so weit helfen, dass Sie die Wiederholung soeben mit ganzer Kraftanstrengung noch bewältigen können.“
TRAINING MIT VERNUNFT
Früher wurde Mike immer gefragt, ob Reduktionssätze genauso ergiebig seien (bei Reduktionssätzen verringert man das Gewicht und absolviert dann noch weitere Wiederholungen). Mikes Antwort war stets nein: „Wenn Sie das Gewicht zu sehr verringern, ist bei der nächsten Wiederholung nicht die größte Kraftanstrengung erforderlich. Sie werden also weniger intensiv trainieren als bei der letzten präzise ausgeführten Wiederholung, die Sie alleine gemacht haben. Wenn Sie jedoch mit demselben Gewicht weitertrainieren und gerade mal genug Hilfe von Ihrem Trainingspartner bekommen, können Sie sicher sein, dass Sie Ihre Intensität steigern werden.“
ERZWUNGENE WIEDERHOLUNGEN FÜR ANFÄNGER?
Für Anfänger sind erzwungene Wiederholungen jedoch nicht erforderlich. Und etwas fortgeschrittene Anfänger sollten nicht ständig mit dieser Technik trainieren. Es sei denn, sie schenken ihrer Erholung besondere Aufmerksamkeit.
DIE LETZTE WORTE VON MIKE MENTZER ÜBER ERZWUNGENE WIEDERHOLUNGEN
Mike soll das letzte Wort zu diesem wichtigen Aspekt haben: „Bodybuilder, die schon über das Anfängerstadium hinaus sind, können erzwungene Wiederholungen bei einer der Übungen für die Vorermüdung absolvieren, das heißt: entweder bei der Isolatiöns- oder bei der Verbundübung. Sie sollten das vielleicht nur bei jeder zweiten Trainingseinheit machen.
Fortgeschrittene Kraftsportler, die zwischen jedem siebten und zehnten Tag nach einem verkürzten Programm trainieren, können diese Technik fast bei jedem Workout anwenden. Sie müssen jedoch ihre Trainingserfolge beobachten, um zu gewährleisten, dass sie sich angemessen erholen und Fortschritte erzielen. Sollte das nicht der Fall sein, müssen sie diese Technik sparsamer anwenden.
Über Fortgeschrittene führt Mike fort: „Fortgeschrittene Bodybuilder, die eine höhere Intensität benötigen und die vertrauter damit sind, wie ihr Körper auf das Training reagiert, müssen mit dieser Technik improvisieren und sie von ihrem Trainingsverlauf abhängig machen. Sie können von dem empfohlenen Wiederholungsplan, der zwischen sechs und zehn Wiederholungen und anschließend erzwungene Wiederholungen vorsieht, abweichen. Die größeren und stärkeren Muskeln beanspruchen ihr Herz-Atmungs-System sowie andere Körpersysteme bei starken Muskelkontraktionen wesentlich mehr. Sie sollten daher Gewichte benutzen, mit denen sie maximal nur vier strikte positive Wiederholungen absolvieren können. Aber das ist eine Frage der Selbsteinschätzung.“
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ARNOLDS PSYCHOTRICK BEI MR. OLYMPIA 1980
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