Mr. OLYMPIA 1996
Der Grund für die Durchführung dieses Schritts lag in verschiedenen Vorfällen, bei denen Athleten aufgrund der Verwendung von Diuretika größere medizinische Probleme während des Wettkampfes erlitten.
Mike Matarazzo mußte bei der Arnold Classic 1993 deswegen ins Krankenhaus gebracht werden, Paul Dillett erlitt im Folgejahr ein ähnliches Schicksal und Flex Wheeler kämpfte während der Euro Grand Prix Tournee 1995 mit den gefährlichen Folgen von Entwässerungsmitteln. Über all dem hing die düstere Warnung, die Momo Benazizas Ableben während der Grand Prix Tournee 1992 bedeutete.
Dorian Yates hatte sich auf sein Titel vorbereitet und nichts, weder ein Teilnehmer noch die Doping Kontrolle – würde das ändern.!
Dieses Vertrauen in seine Fähigkeit, seinen Sieg Wiederholen zu können, wurde von den meisten Fachleuten geteilt. Die einzigen Konkurrenten die glaubten, dieses Erreignis verhindern zu können waren Kevin Levrone, Shawn Ray und Nasser El Sonbaty.
Bei der Pressekonferenz zeigte sich Kevin Selbstbewusst, als er bekannt gab dass der Titel noch offen sei und sein Ziel der Sieg ist. Auf diese Aussage folgte anerkennender Applaus, der von Dorian Yates selbst angeführt wurde. Dorian liebt Herausforderungen.
Im Vorfeld des Mr. Olympias war Kevin Levrone wenig zugänglich und schwer aufzufinden. Er hatte ein schwieriges Jahr hinter sich. Man hatte das Gefühl, als ob, die Kritik, die er nach seinem Sieg bei der Arnold Classic 1996 erfahren hatte immer noch ihre Schatten warf. Aber manches war auch unverändert. Shawn Ray blieb seinem Motto treu, dass er die Alternative zu den Massemonstren darstellt. Manch verfällt Shawn so sehr in seine Äpfel- oder-Orangen Vergleiche, dass man sich fragt, ob er vom Mr. Olympia spricht oder einen Obststand aufmachen will.
Mr. OLYMPIA 1996 VORWAHL
Als um 14:10 Uhr die Olympians auf die Bühne marschierten, war schnell klar, dass die Dopingkontrollen und der zeitweise Verzicht auf Diuretika ihren Preis hatten.
Außer Shawn Ray, Nasser El Sonbaty, Paul Dillett und Dorian Yates war keiner der Teilnehmer wirklich in Form.
Kevin Levrone: Während er bei der Arnold Classic mit ca. 113 kg antrat, war er hier um 4 kg leichter, aber nicht besser. Die Härte fehlte immer noch und der massive Look – vor allem Arme und Schultern -, der ihn bei der Arnold Classic zum Sieg trug, fehlte hier auch.
Jean-Pierre Fux: Bei jeder Pflichtpose von Jean-Pierre tönte ein Hörn, das einen an mehr an ein Fußballspiel als an Schweizer Kuhglocken erinnerte. Er trat sieben Kilo leichter und besser als bei der Arnold Classic an, aber seine Haut war nach wie vor von einer dünnen Schicht überzogen, was die echte Muskelhärte verdeckte. In der Grundstellung war Jean-Pierre wahrlich beeindruckend – man hatte den Eindruck, die ersten drei Reihen müssten evakuiert werden -, aber wenn er anspannte, ergab sich nicht die Veränderung, die man erwartete. Merkwürdig.
Roland Cziurlok: Ein Unglück jagte das andere. Kurz vor dem Wettkampf stellte sich eine Darmgrippe ein, die Roland fünf Kilo und einen Platz unter den ersten 10 kostete. Er trat geschwächt, leichter und ohne die übliche Härte an. Damit traten einige strukturelle Mängel in den Vordergrund, die seine Plazierung negativ beeinflußten.
Flex Wheeler: Er hatte bereits im Vorfeld erwähnt, dass er seine Frühjahrsform nicht wiederholen könne und so war es auch. Trotzdem war er mit 105 kg Wettkampfgewicht besser als 1995 (ohne Test). Seine vollen Muskelbäuche und die ausgewogene Gesamterscheinung waren immer noch da, aber konnten nicht über die Formmängel hinweg täuschen: Gerade der untere Rücken, Beinbizeps und das Gesäß waren zu weich.
Charles Clairmonte: Mit 113 kg wog er genauso viel wie im Vorjahr. Er war etwas härter, aber ohne die übliche pralle Muskulatur. Seine Gesamterscheinung reichte jedoch aus, um ihn unter die ersten 10 zu bringen.
Paul Dillett: Gewaltig und hart, besonders Beine, Beinbizeps und Waden waren sehr gut. Der Oberkörper war etwas flach. Erstaunlich war das definierte Gesäß. Obwohl er noch nicht an das Präsentationstalent von Lee Labrada herankommt, zeigte sein Bühnenverhalten die Früchte harter Arbeit. Die Latposen von vorne und hinten waren besser kontrolliert als je zuvor. Es schien, als ob ein paar Mal sich Krämpfe abzeichneten.
Aaron Baker: Mit 102 kg war er etwas zu schwer und konnte daher nicht in den Endkampf eingreifen. Trotzdem ist seine Doppelbizepspose von hinten immer noch eine plastische Darstellung der Extraklasse.
Mike Matarazzo: Mit 113 kg war Mike schwerer und praller als bei der Night of Champions, jedoch ohne die nötige Härte. Sein Bizeps und die Waden begeistern das Publikum, ebenso wie sein Posing.
Chris Cormien Ein harmonischer Körper, der mit 106 kg das richtige Gewicht, aber nicht die Härte zum Finalplatz hatte. In der etwas hektischen ersten Pflichtrunde schien er stellenweise verloren.
Nasser El Sonbaty [disqualifiziert] : Gewaltige vier Kilo schwerer als letztes Jahr, trat er mit 126 kg auf die Bühne. Er war prall, hart und in Bestform, sogar leichte Verbesserungen seines Rückens waren erkennbar. Trotzdem ist seine Schwäche, der Rücken, die Stärke von Dorian Yates. Hätte er nicht irgendwo in seiner Vorbereitung einen Fehler gemacht, hätte er die 30.000 US-Dollar behalten dürfen, die ihm am Abend überreicht wurden. Ein positives Ergebnis beim Dopingtest machte dies jedoch zunichte.
Shawn Ray: Mit 93 kg war er ein Kilo schwerer als letztes Jahr, ließ jedoch die Härte, die ihn 1994 und 1995 hervorhob, vermissen. So war z.B. die Weihnachtsbaumform im Rückenstreckerbereich nicht da. Trotzdem war er besser als bei der Arnold Classic, was ihn zu einem der Anwärter auf einen Spitzenplatz machte.
Dorian Yates:Mit 116 kg und besseren Proportionen als je zuvor brachte er auch noch die nötige Härte mit. Der viel kritisierte rechte Bizeps (Bizepsabriß 1994) wirkte voller als 1995: Lediglich die pralle Muskulatur, vor allem im Beinbereich, fehlte etwas. Seine Kombination aus Masse, Muskeldetails, Harmonie und Härte war jedoch bei diesem Wettkampf unschlagbar.
Als um 15.35 Uhr die Pflichtposen abgeschlossen waren, stand der neue Mr. Olympia fest.
Mike Francois: Mit der Startnummer 13 war sein Schicksal wohl unter einem unglücklichen Stern gestanden. Er sah leicht aus und teilte uns mit, dass er sich schon seit zwei Wochen nicht gewogen hatte, was den Gedanken aufkommen ließ, dass er sich vielleicht doch gewogen hatte, aber ihm das Ergebnis nicht besonders behagte. Seine Mittelpartie war schlanker, aber das traf auch auf seine Beine zu. Es schien, als ob er 10 kg leichter war als 1995, ohne dass dafür eine ungewöhnliche Härte den Ausgleich lieferte.
Ronnie Coleman: Er hatte sein bestes Pulver schon im Frühjahr verschossen, aber lieferte trotzdem noch beachtliche Muskelpakete mit enormer Härte.
Mr. OLYMPIA 1996 FINALE
Als sich die Teilnehmer für das Finale vorbereiteten, war Yates bereits unverrückbar auf dem ersten Platz (was die Teilnehmer nicht wußten) und Nasser mit fünf Punkten Abstand zu Shawn Ray auf Platz zwei. Danach folgten, der Reihenfolge nach, Levrone, Dillett und Wheeler. Sowohl Nasser als auch Shawn Ray dachten, dass sie auf Platz zwei liegen und mit Dorian um den Sieg kämpfen dürfen. Kevin Levrone erklärte leise, dass er seine Bodybuilding Zukunft überdenken würde, wenn er nicht auf den zweiten Platz käme. Nachdem, was er für eine große Ungerechtigkeit bei der Arnold Classic hielt, hatte Flex Wheeler nur einen Wunsch „Kevin Levrone zu schlagen – ich mag mir nicht vorstellen, dass ich schon wieder hinter ihm liege.“
Dillett bedauerte die Tatsache, dass er kein einziges Mal die Gelegenheit bekam, sich mit Yates und Nasser in einem direkten Vergleich zu messen. Seiner Meinung nach hätte er mit Ray und Nasser den Kampf um den zweiten Platz ausfechten müssen, stattdessen befürchtete er jetzt das Schlimmste. Seine Enttäuschung bei seinem Aufruf auf Platz sechs war entsprechend groß.
Shawn Rays fatalistische Vorhersage, dass die Kür sowieso nie einen Unterschied macht, wurde diesmal zu seinen Gunsten widerlegt. Er erhielt 10 Punkte in der Posingrunde, was ihn mit Nasser, der hier 15 Punkte erhielt, gleichsetzte. Im Posedown schlug Shawn mit einem Punkt Vorsprung Nasser (12 zu 13), was ihm schließlich den Vizetitel und 20 extra Riesen einbrachte.
Mr. OLYMPIA 1996 POSEDOWN
Um 22:15 fing das Posedown an, das noch einmal Leben in die Bude brachte.
Levrone versuchte, sich zwischen Dillett und Nasser zu drücken, kam aber nicht durch und landete zwischen Wheeler und Dillett. Yates marschierte in diesem Moment auf die linke Seite der Bühne, woraufhin ihm Nasser unter dem tosenden Applaus der Menge folgte.
Als der Herausforderer neben Yates stand, machte sich dieser schon wieder auf den Weg zur rechten Seite der Bühne. Nasser gestikulierte „der will nicht mit mir spielen“ und folgte ihm einige Sekunden später auf die andere Seite. Auch jetzt verließ Yates wieder seinen Standort, um auf die linke Seite zu gehen (Yates erklärte nach dem Wettkampf, dass er beide Male Nasser nicht gesehen hatte).
Schließlich ging jedoch Yates auf Nasser zu und es kam zu einem Feuerwerk an Most-Museular Posen, was das Publikum fast zur Raserei brachte. Fünf Sekunden später machte sich Nasser auf den Weitermarsch.
Mr. OLYMPIA 1996 TOP TEN
Nach der Bekanntgabe von Paul Dilletts sechsten Platz ging es los. Der kanadische Gigant stürmte verärgert von der Bühne, was von Flex Wheeler, der auf Platz fünf landete nahtlos übernommen wurde. Bevor er jedoch die Bühne verlassen konnte, wurde er von Shawn Ray umarmt, was die Rollen von 1993 vertauschte, als es Flex war, der Shawn am gehen hinderte. Der dritte frustrierte Abgang war der von Kevin Levrone, der seinen vierten Platz nur allmählich wahrnahm.
Bisher waren es nur laute Buh-Rufe, aber das sollte sich ändern, als Wayne DeMilia den dritten Platz bekanntgab: Nasser El Sonbaty.
Das Publikum schäumte vor Ärger. Schweiß bildete sich auf den Stirnen der Kampfrichter und manche einer wünschte sich eine kugelsichere Weste. Nasser bewies jedoch sofort seine Qualitäten als Gentleman und gestikulierte beruhigend zum Publikum und legte anschließend ein paar Posen hin, die ihm eine stehende Ovation einbrachten, was zum letzten mal Bertil Fox beim Mr. Olympia 1983 widerfuhr.
Erwartungsgemäß wurde auch Shawn Ray ausgebuht und weil das Publikum schon in Schwung war, erhielt Dorian Yates dieselbe Begrüßung, als er seine fünfte Sandow-Statue empfing.
Unter den Finalisten war Paul Dillett sicher derjenige, der am ehesten Anlass zur Beschwerde hatte. Es fällt schwer, zu verstehen, warum Paul sich nicht vor Flex und Kevin plaziert wurde, die beide weit unter ihrer Bestform antraten. Natürlich wurde Pauls Bühnenpräsentation kritisch bemängelt, aber Faktoren wie Präsentation, Tätowierungen und Bräune sollten erst dann eine gewichtige Rolle spielen, wenn zwei Athleten anderweitig ranggleich sind.
Mr. OLYMPIA 1996 FAZIT
Man kann zwar über vieles an dieser Meisterschaft geteilter Meinung sein, aber eines steht fest: der Großteil der Athleten war nichts in der gewohnten Form.
Es erfordert auch nicht viel Hirnschmalz, um den Zusammenhang zwischen den Dopingkontrollen und diesem Faktum zu erkennen.
Das Gute an der Sache war je dass die Teilnehmer gesünder und aktiver wirkten als bei vergangenen Wettkämpfen. Keiner der Athleten wollte das Posedown unterbrechen oder ist einfach von der Bühne gegangen – es wurde bis zum Ende der Musik gekämpft.
Der Sieger, Dorian Yates, war insgesamt sicher in seiner bisherigen Bestform, obwohl er nicht das pralle Volumen des Vorjahres zeigte. Dorian hat offenbar sein Gewicht um die 116 kg stabilisiert und ist jetzt vor allem damit beschäftigt, die Details auszuarbeiten.
Er schlägt seine Gegner nicht nur mit Masse, sondern mit Muskelqualität.
Der fünffache Mr. Olympia hat jedoch versprochen, 1997 den Titel mit Masse und Klasse zu verteidigen.
Mr. Olympia 1996 Results
1 Dorian Yates
2 Shawn Ray
3 Kevin Levrone
4 Ken Wheeler (Flex)
5 Paul Dillett
6 Ronnie Coleman
7 Chris Cormier
8 Jean Pierre Fux
9 Charles Clairmonte
10 Michael Francois
11 Aaron Baker
12 Roland Cziurlok
13 Mike Matarazzo
DQ Nasser El Sonbaty
schon gelesen..?
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